Thema als Feed (RSS 2.0) Thema als Feed (ATOM 1.0) Gambeson spätes 15 Jahrhundert

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Eintrag #1 vom 18. Mai. 2006 18:22 Uhr Wolfgang Ritter  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Wolfgang Ritter eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo,
da sich der andere Gambson Thread fast ausschließlich mit dem Hochmittelelater und früheren SpäMi beschäftigt, fange ich mal ein neues Thema an:
Ich will mich dieses Jahr an einen Gambeson machen.
Ich sehe immer wieder mal Darsteller mit Gambesons mit angenestelten ßrmeln.
Ich habe aber bislang noch keinen Beleg für derartige angenestelte ßrmel gefunden.
Hat da jemand was entdeckt?
Nur zur Vorbeugung:
Ich kenne das Bild auf dem St. Ursula Schrein von Hans Memling (der Soldat mit den Armketten), welches immer als Beleg für angenestelte Gambesonärmel genannt wird. Meiner Meinung nach ist dies schlicht nicht der Fall.
Vielen Dank für die Mithilfe im Voraus!
Grüße
Wolfgang Ritter

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Eintrag #2 vom 07. Sep. 2006 11:10 Uhr Holger Herzog  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Holger Herzog eine Nachricht zu schreiben.

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Also ähnliches Problem deshalb hier!
So jetzt bin ich am Ende. Tagelang habe ich gesucht, da sind etliche Stunden draufgegangen, ich weiß also nicht mehr weiter.
Um eine Person (um 1460) darzustellen die nicht übermäßig gerüstet ist, habe ich versucht Quellen zu finden. Im Kopf hatte ich die Darstellungen, wie sie bei vielen SMA Gruppen auftauchen (Eisenhut oder Schaller, Eisenhandschuhe, Gambeson, ohne Brustplatte oder Brigandine) Nach ca 500 Bildern habe ich doch tatsächlich 1 Bild gefunden welches dem oft dargestellten Bild entsprach.
Also die übliche Darstellung, so habe ich es empfunden, war Helm (99% Schaller), Handschuhe (70%), Gambeson ??, Brigandine oder Brustplatte, oder aber Helm und normales Wams.
Die letztere Darstellungvariante erscheint mir zwar logisch, gegen Pike macht der Gambeson nicht mehr richtig Sinn, da kann man gleich auf die Behinderung durch den unbeweglichen und vor allem warmen Gambeson verzichten.
Wo kommt dann aber die Häufung in den SMA - Gruppen her?? Oder Besser wo sind die Belege????
Holger

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Eintrag #3 vom 07. Sep. 2006 13:06 Uhr Wolfgang Ritter  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Wolfgang Ritter eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Holger,
ich gebe Dir insofern recht, als dass wesentlich mehr Bilder existieren, auf denen neben einem Gambeson ZUSßTZLICHE Rüstungselemente - Brustplatte, Brigantine, Plackart, Ringpanzer, Armketten - in allen möglichen Kombinationen zu sehen sind.
Lediglich Gambeson ohne weiteren Körperpanzer gibt es nur auf recht wenigen Darstellungen, meines Wissens Jan van Eyck auf einer Kreuzigungsdarstellung; Memling auf dem St.Ursula Schrein (allerdings mit zusätzlicher Armkette und Ringeflechten), im Turnierbuch des René d’Anjou, ich meine auch irgendwo englische Langbogner mit einem "padded jack" gesehen zu haben.
Weitere Bilder: wwwaeiou.at/aeiou.history.docs/000435.htm(allerdings mit Beinzeug, aber dafür schicken Puffärmeln!!), Koszyce, Slowakei, St. Elizabeth Kathedrale, St. Elizabeth Altar,1474-77: folini.tikon.ch/images/linked/koszyce.big.jpg, vielleicht auch Legnica, Schlesin, St.Peter und Pauls Kirche, Polyptych von Legnica, 1466: folini.tikon.ch/images/linked/Legnica.big.jpg
Hier: wwwcompanie-of-st-george.ch/dragon-3.pdf gibt es einen Artikel darüber.
Insgesamt finde ich die Häufigkeit in der Szene aber nicht wirklich überraschend, da ein guteer Gambeson tatsächlich eine ausgezeichnete Schutzwirkung für’s Sparring abgibt. Ist er gut gemacht, finde ich ihn eigentlich auch nicht sehr hinderlich in dr Bewegung (die Hitze mal beiseite gelassen).
Was dagegen die seltenen Darstellungen angeht, weiß ich nicht, inwieweit das nicht auch der zeichnerischen ßbertreibung geschuldet ist. Sieht man sich die Illustrationen über den 100jährigen Krieg von Jean Froissart(?) an, so erscheint die Vielzahl an annähernd komplett "eingedosten" Kämpfern arg unrealistisch angesichts der Preise einer Vollplatte zum Zeitpunkt der Erstellung der Illustrationen, also 1. Hälfte 15.Jhdt. (Datierung?). Auch bei den Schweizer Chroniken (Schilling u.a.) sieht man bei den Kämpfern auch bei den Schweizern fast überwiegend Gerüstete, obwohl aus zeitgenössischen Chroniken berichtet wird, dass die Shcweizer gerade selten Körperpanzerung hatten. Vielleicht ist die Darstellung schlicht zeichnerische Freiheit?
Grüße
Wolfgang Ritter

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Eintrag #4 vom 07. Sep. 2006 16:10 Uhr Holger Herzog  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Holger Herzog eine Nachricht zu schreiben.

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Also:
wwwimareal.oeaw.ac.at Bild 000435
Sicher die Darstellung die du meinst. Der Gambeson wird dort als Wappenrock bezeichnet, und wenn man genauer hinschaut kann man annehmen, dass die Person Rüstteile unter dem, zugegeben, schicken Teil trägt.
Dann hätten wir noch:
wwwwga.hu/art/m/memling/4ursula/36ursu06.jpg
ja und dann wird es schon weniger, wenn man auf Darstellungen als Primärquellen zurückgreifen möchte.
Was ich meine, mit dem ohne Rüstung, zeigt die Bilderchronik von Benedikt Tschachtlan. Oder wieder wwwimareal.oeaw.ac.at Bild 006711, 006427, 006529 und 006614 bis 006619
Aber Darstellungen auf Bildern mit Gambeson und Helm finde ich einfach nicht. Das von dir angegebene pdf ist nur als Sekundärquelle zu betrachten und bezieht sich wieder auf wwwwga.hu/art/m/memling/4ursula/36ursu06.jpg
Holger

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Eintrag #5 vom 07. Sep. 2006 16:41 Uhr Holger Herzog  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Holger Herzog eine Nachricht zu schreiben.

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Noch zur zeichnerische Freiheit: Ja sicher Rüstung macht halt mehr her, damals wie Heute, aber wenn es Darstellungen von weniger ausgerüsteten Personen gibt dann haben die eben Helm und Ende. Bei Tschachtlan sieht man das ziemlich deutlich, "Alter Zürichkrieg" um 1470 sind im Vordergrund Personen die sich anziehen. Leider habe ich das nur im Buch und nichts Vernünftiges im Netz gefunden.
In der eigentlichen Darstellung gibt es ja nur Probleme wenn man an einer Schlachtendarstellung mitwirken möchte. Ich würde nie ohne ausreichende Ausrüstung da rein gehen, auch wenn es super "A" wäre. Die Schweizer mussten ja wohl gezwungen werden Rüstung zu tragen, das waren noch Männer.
Holger

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Eintrag #6 vom 02. Apr. 2009 17:29 Uhr Marion Lösch  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Marion Lösch eine Nachricht zu schreiben.

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ich grab den artikel jetzt mal aus…
wwwwga.hu/art/m/memling/4ursula/36ursu06.jpg
Der Mann links im Bild trägt anscheinend UNTER dem Gambeson ein Kettenhemd. Normalerweise ist der Gambe doch zum Verteilen der Last und zur Polsterung gedacht?!?!
Hatte der dann wiederum unter dem Kettenhemd einen 2. Gambe an, oder wie war das?
Welchen Sinn hätte diese Reihenfolge?

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Eintrag #7 vom 02. Apr. 2009 20:13 Uhr Jens (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Marion,
Also zunächst einmal würd ich von dem Begriff "Gambeson" Abstand nehmen, der stammt aus dem altfranzösischen vor dem 15ten, in selbigen ist der mir nicht mir in Textquellen geläufig, und ist, anders als heute in der Szene üblich, eigentlich kein Sammelbegriff für alles, was aus Textil besteht, und schützt. Das mag jetzt vielleicht Begriffswortklauberei sein, aber benutzen wir als Arbeitsbegriff mal eher "Textilpanzer".
Zudem, und warum führe ich gleich aus, langt es nicht, für jedes gesteppte Textil im Rüstungsumfeld den Sinn der Verteilung der Last (was nicht nötig ist) anzuführen: vielmehr handelt es sich eben um eine eigenständige Rüstung mit ebensolchen Eigenschaften.
Für solche gibt es durch das Mittelalter hinweg ne ganze Reihe von Quellen in Wort und Bild, und in sehr unterschiedlichen Ausführungen, und zwar nicht nur modisch bedingt. Spätestens in der zweiten Hälfte des 13ten begegnet einem das, was in Frankreich des Zeitrahmens gerne "Jupon" genannt wurde, man könnte es grob mit "gesteppten Wappenrock" übersetzen, solche sind sogar wiederrum im 14ten zweimal erhalten, einmal in Chartes, und einmal in England. Das charakteristische an den Dingern ist, dass sie als _oberste_ Schicht getragen wurden. Das bedingt ein paar Merkmale, z.B., dass sie an einigen Stellen nicht zu eng ausgelegt sein durften, um über die Rüstung zu passen, an den Armen etwa.
Ausserdem sind diese nicht unbedingt extrem steif, was sich in Kombination mit Metallplatten auch nicht gerade anbieten würde.
Die Praxis gibt es schon im 13ten auf Bildern zu sehen, man nehme die bekannte Kreuzfahrerbibel, hier auch gerne über einem anderen Textilpanzer oder Ringpanzer Begrifflich fassbar sind diese freilich nicht so recht. Die Methode des Tragens über der Metallrüstung ist allerdings auch von anderen Körperteilen bekannt, dem Oberschenkel z.B.- Diechlinge oder Senftenier(hab ich hier was zu geschrieben: wwwdiu-minnezit.de/realie_details.php?[…] )
Das ist durchaus sinnvoll, bremst es doch die Energie vor allem von Pfeilwaffen, so dass diese die darunterliegende- in dem Falle die Ringpanzerbeinlinge- nicht mehr durchschlagen können. Zudem verbietet sich eigentlich effektiv eine Wattierung unter diesen.
Wie erwähnt kann dies auch in Richtung Textilpanzer über einem anderen gehen, das wäre dann eher vermutlich ein Aketon (wwwdiu-minnezit.de/realie_details.php?[…] ), wobei auch der Begriff französisch ist, und nicht "fest".
Jedenfalls wird der eher unter einem Ringpanzer getragen, über den aber wieder ein anderer gesteppter Schutz getragen werden kann ;)
Mit dem Einführen des Plattenharnischs wandelt das sich dann etwas- zuerst hats besagten Jupon ne Weile über diesen- dann wird der aber mehr und mehr offen getragen, aber es gibt durchaus noch Fälle, wo dem nicht so ist.
_Unter_ dem Plattenharnisch verbietet sich ob dessen engen Sitzes eigentlich etwas arg gepolstertes- Ausnahmen bilden einige solo getragene Brustplatten ab der ersten Hälfte des 15ten, Varianten dieser auch als Textilpanzer zu bezeichnenden Teile sind hier bereits irgendwo erwähnt- sind mehrfach dargestellt und erhalten in Lübbeck und Stendal.
Spätestens wenn derjenige keinen Rücken trägt, hiesse das, sich rein auf den Textilpanzer zu verlassen- weswegen (vermutlich) man auch hier wieder die Kombination sieht, einen Ringpanzer unter dem Textilpanzer zu tragen. Wie oben erwähnt, das hat durchaus Sinn.
Jetzt erschliesst sich vielleicht auch, warum ich dazu riet, vom Begriff "Gambeson" Abstand zu nehmen: die Vielfalt ist zu groß, der Einsatz zu verschieden, und die Varianten je nach Zeit, Mode und Verwendungszweck zu unterschiedlich, um das alles unter einem Begriff firmieren zu lassen.
Besagte Variante oben nun- Texilpanzer über Ringpanzer, dazu kleinere Plattenelemente stellt nun eine recht kostengünstige Variante dar, Textilpanzer dieser Art, sowie auch die gern als "Jackchains" (ob "Jack" als Wort für die gesteppte Jacke) titulierten Plattenschienen am Arm kenne ich allerdings von nur sehr wenig Bildquellen in der zwweiten Hälfte des 15ten, und noch weniger aus Deutschland, insofern rate ich dazu, auf die Regionalität zu achten, was das angeht.
Zu dem Thema könnte man Bücher schreiben…

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