Kämmerer allgemein und ihre Schlüssel
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Eintrag #1 vom 16. Apr. 2009 17:15 Uhr
Marian
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Guten Tag.
Vor zwei Tagen stieß ich in der Landeskundlichen Bibliothek auf ein Buch, in welchem es um Kämmerer und auch um ihr Standesabzeichen, nämlich die Schlüssel, ging.
Es ergaben sich einige Fragen, legte das Buch doch seinen Schwerpunkt auf die Jahre des 17., 18. und 19. Jahrhunderts.
Die Fragen beziehen sich auf das 13. Jahrhundert, vorzugsweise das dritte und vierte Viertel.
1. Welche Aufgaben hatten Kämmerer? Verallgemeinert wird gesagt, dass er sich um die Finanzen kümmerte- allerdings meine ich, gelesen zu haben, dass er sich auch zusammen mit der Burgherrin um die Zehntabgabe kümmerte und die Privatgegenstände seines Herrn pflegte und für allgemeine Ordnung auf der Burg sorgte- ein Vorsteher der Bediensteten also? Das machte doch eigentlich schon der Truchsess.
2. Der Schlüssel- ab wann gibt es ihn, ab wann ist er reiner Ziergegenstand ohne Funktion?
3. Im Lexikon des Mittelalters heißt es, das Kämmereramt sei um 1300 bereits recht glanzlos gewesen, habe es doch einen recht geringen Repräsentationscharakter gehabt. Ich kann mir hingegen sehr gut vorstellen, dass man als erster Diener (sofern er das war, später auf jeden Fall) schon ein gewisses Maß an Achtung entgegengebracht bekam. Außerdem wurde das Kämmereramt von Friedrich I. von Preußen im 17./18. Jahrhundert zum Höchsten erklärt.
Vielen Dank,
Marian Hefter
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Eintrag #2 vom 17. Apr. 2009 00:43 Uhr
Lars-Christoph Klein
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Hallo Martin!
zu 1)
Oberster Diener (also der Chef der Dienerschaft) war der Truchsess/Seneschall. Der Kämmerer hatte damit wenig zu tun. Dass er sich um die Abgaben kümmerte, passt eigentlich perfekt zu seinem Aufgabenbereich eines - modern formuliert - Finanzbeamten. Die "allgemeine Ordnung" müsste genauer erläutert werden, um dir eine richtige Antwort geben zu können, aber ich denke mal, dass damit nicht gemeint ist, dass er das Personal beim Saubermachen angewiesen hat. Vielleicht ist damit eine ganz andere Form von Ordnung gemeint, die in etwa der heutigen Revision entspricht. Dann hätte er über den Besitz des Hofes gewacht, quasi im Sinne einer Dauerinventur. So etwas gehörte zum Kernbereich seines Aufgabenfeldes, weil er die Mittel für jede Anschaffung bewilligen müsste.
"Privatgegenstände" sind bei Herrschern ein recht vager Begriff, denn streng genommen hatten die keinerlei Privatheit. Noch im 18. Jahrhundert ging man von einer Identität des Königs mit dem Land aus (in den Briefen Ludwigs des 15. finden sich immer, wenn von anderen königen die Rede ist, putzige Formulierungen wie "Mein Bruder Preußen"), die Gegenstände des persönlichen Nahbereichs des Herrschers gehörten also zum Kern herrschaftlichen Besitzes. Auch da liegt es nahe, dass sie von einem Finanzbeamten betreut werden.
Zu 2 schreib ich jetzt mal nix, aber zu
3)
Das Amt war glanzlos. Vorsteher der Dienerschaft war der Seneschalk (in dessen Bereich auch die Bewirtung mit Speisen fiel), der Marschalk kümmerte sich um die Pferde, der Mundschenk war für die Bewirtung zuständig.
Mit anderen Worten: Seneschalk und Mundschenk kam die Ausrichtung der Veranstaltungen höfischer Repräsentation zu, ihnen oblag auch die Zu- oder Aberkennung von Ehre (das konnte ganz einfach über die Sitzordnung bei Tisch geschehen. Liutprant von Cremona war ja bekanntlich stinksauer deswegen). Dass dem Pferd in der höfischen Gesellschaft des Mittelalters eine zentrale Rolle zukam, ist auch klar. Somit sind die Ämter des Truchsessen, Mundschenks und Marschalks in die Kernbereiche höfischer Repräsentation eingebunden, auf sie fällt Glanz. Der Kämmerer finanziert das zwar alles irgendwie, bleibt aber im Hintergrund. Ist ja heute genauso: Der Veranstalter einer Party bekommt mehr Ruhm ab als sein Unternehmensberater.
LG
Sam
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Eintrag #3 vom 17. Apr. 2009 11:34 Uhr
Marian
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Guten Tag.
Ad 1)
-Mit "oberster Diener" war eher eine Art Leibdiener gemeint, der Diener, der sich um den/die Herr/in kümmert.
- "Allgemeine Ordnung" - damit meinte ich tatsächlich die Sorge ums Bettenmachen, Streuauswechseln (Boden), Fensterputzen (sofern der Herr reich genug war, um sich welche zu leisten) etc.
- D.h., dass der Kämmerer also entscheiden konnte, was gekauft wurde - und zu welchem Preis? Wie weit gehen diese Befugnisse? Muss der Herr beim Kämmerer anfragen, wenn er ein neues Messer braucht oder möchte? Und besorgt dies dann der Kämmerer? Hieße das dann, dass der Kämerer im weiteren Sinne der Cellerar eines fürstlichen Haushaltes war?
- Mit "persönliche Gegenstände"
sind Kleidung, Schmuck und Accessoires, Schuhwerk, Hygienegegenstände, Rüstzeug usw. gemeint.
Ad 3)
Mit dem Truchsessen habe ich mich auch einmal auseinandergesetzt, aber das wurde schnell kompliziert, weil scheinbar jeder eine andere Vorstellung von seinen Aufgaben hat(te).
Zum Truchsessen nehme ich gerne auch noch Informationen an, siehe dazu den entsprechenden Thread.
Gruß,
Marian S. Hefter
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Eintrag #4 vom 04. Mai. 2009 16:38 Uhr
Marian
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Guten Tag.
Zufällig stiess ich im Larpwiki auf die folgende Seite:
Unter dem Stichpukt "Kämmerer" heißt es, das Amt sei "ertragreich" gewesen, da man von Vasallen Geschenke erwarten konnte.
Auch wenn es eine Quelle ist, die mit Authentizität oder historischer Korrektheit wenig zu tun hat; in wie weit ist die Aussage zutreffend? Und, wie immer, für wann?
Vielen Dank,
Marian S. Hefter
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Eintrag #5 vom 04. Mai. 2009 17:09 Uhr
Jens
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So eine Aussage ist meiner Ansicht nach kaum eingrenzbar. Tendentiell war es an Höfen in Europa im Mittelalter recht weit verbreitet, Geschenke zu verteilen, das sieht man an der Lebensgeschichte Walthers von der Vogelweide ganz gut; recht schöne Beschreibungen hat es auch den Chroniken von Froissart.
Aber "ertragreich"?
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Eintrag #6 vom 08. Mai. 2009 21:43 Uhr
Marian
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Guten Abend.
Heute habe ich in der Hofbibliothek ein Buch gefunden, dass ich mit den Höfen des Mittelalters auseinander setzt, sich jedoch - scheinbar aus quellentechnischen Gründen - oftmals auf das 15. oder 16. Jahrhundert bezieht.
Allerdings wird die bayerischen Hofordnung von 1294 erwähnt, von der ich zwar schon gehört, aber noch keine genaueren Informationen eingeholt hatte.
Die Herzöge Otto, Ludwig und Stephan von Bayern einigten sich darin auf 63 Hofbeamte, also für ihren Stand eine relativ geringe Zahl. Es wird jedoch zwischen Kämmerern (für jeden einen) und Kammermeister (für alle einen)unterschieden. Stellt sich die Frage, wo der Unterschied ist.
Außerdem wird erwähnt, dass Aegidius Romanus sagt, dass an kleineren Höfen ein Beamter mehrere Aufgaben übernehmen könne.
Was heißt das konkret?
Kanzler und Kämmerer in einem? Oder eher Truchsess und Mundschenk?
Und - ganz am Rande: Was ist eigendlich ein Haushofmeister?
Vielen Dank,
Marian S. Hefter
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