Thema als Feed (RSS 2.0) Thema als Feed (ATOM 1.0) Verbreitung von Kämmen im Hochmittelalter

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Eintrag #1 vom 30. Apr. 2014 21:20 Uhr S. Katinka Richter  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um S. Katinka Richter eine Nachricht zu schreiben.

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Im skandinavischen Siedlungsraum der Wikinger hat man für den Zeitraum von 1000 bis 1200 so viele Kämme und Kammfragmente gefunden, das eine allgemeinen Verbreitung angenommen wird.
Wie sieht die Fundlage für den Raum Mitteleuropa zwischen 1000 und 1200 aus? Kennt jemand wissenschaftliche Berichte, die sich umfassend mit diesem Thema beschäftigen? Waren Kämme in Mitteleuropa zu dieser Zeit genauso verbreitet wie bei den Wikingern? Welche Materialien und Formen wurden häufig verwendet? Oder gab es Regionen, von denen angenommen wird, dass dort Kämme seltene Luxusgüter waren?

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Eintrag #2 vom 15. Mai. 2014 13:15 Uhr Jens (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.

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Also für den betroffenen Zeitrahmen bin ich leider so gar kein Experte, gerade was Funde von Kämmen angeht, dafür habe ich zu wenig Fundkataloge für den Zeitrahmen.
Aber was mich interessiert: wie kommst Du darauf, dass ein Kamm ein "Luxusgut" sein könnte? Ich mein, in einfachster Form ist das ein ausgesägtes, dünnes Stück Holz (also Material übers ganze Mittelalter kenne ich Holz, Bein, Elfenbein, Horn glaub ich auch). Spätestens mit der Bildung größerer Städte gabs dafür explizite Handwerksberufe, die die Dinger massenhaft fertigten.
Wie pflegt jemand sein Haar- egal ob lang oder kurz- ohne Kamm oder ähnliches? Gibt es irgendeinen Anlaß zu glauben, dass in irgendeinem Abschnitt des Mittelalters die Leute total verfilzt rumliefen?

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Eintrag #3 vom 15. Mai. 2014 17:55 Uhr Markus (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Markus eine Nachricht zu schreiben.

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Ich meine gelesen zu haben, dass Kämme überall in jeder Schicht verbreitet waren. Bin mir aber nicht mehr sicher. Ich kann mich meinem Vorgänger nur anschließen: Ein Kamm ist eines der wohl einfachsten Gegenstände überhaupt.
Kommt auch immer mit auf die darzustellende Schicht an aus welchem Material er ist. Ich denke aber aus Horn dürfte man nie besonders falsch liegen. Was für eine Art von Kamm meinst Du denn? Steck-Kämme für die Haarzier oder schon zum normalen Haarekämmen?
Meine Quelle: Arno Borst - Alltagsleben im Mittelalter (Zumindest glaub ich dass ichs da mal gelesen hab - ist schon ne weile her)

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Eintrag #4 vom 15. Mai. 2014 19:38 Uhr Beate (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Beate eine Nachricht zu schreiben.

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Diese Übersicht hilft vielleicht etwas weiter:
An Atlas of Medieval Combs from Northern Europe
intarch.ac.uk/journal/issue30/ashby_index.html

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Eintrag #5 vom 17. Mai. 2014 20:22 Uhr S. Katinka Richter  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um S. Katinka Richter eine Nachricht zu schreiben.

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Hallo Jens,
beim Betrachten von Bildern aus dem 11.-13.Jh. war mir aufgefallen, dass die Haare von vornehmen Männern immer sorgfältig auf eine Länge geschnitten und frisiert sind, die Haare von einfachen Männern, jedoch mal frisiert und mal zerzaust und ausgefranst aussehen. Die Darstellung kann täuschen, weil der Maler vielleicht nicht so geschickt war, oder unfrisierte Haare waren möglicherweise bei manchen Personengruppen häufig.
Bei vornehmen Leuten stand Haarpflege, den Bildern nach zu urteilen, hoch im Kurs, aber galt dies für alle Leute? Vielleicht gab es vor tausend Jahren Personengruppen bei denen Haarpflege keine Bedeutung hatte. Oder abhängige Personengruppen, denen man den Besitz eines Kammes nicht zugestand.

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Eintrag #6 vom 19. Mai. 2014 13:09 Uhr Jens (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.

nach oben / Zur Übersicht Quellkritik

Hallo,
Du bist einem ganz klassischen Fallstrick bei der Auswertung von Bildquellen anheimgefallen.
Nämlich dem, dass das, was man da sieht, nicht zwingend realistisch sein muss, weil Bilder damals nicht primär die Realität sondern auch Sub texte transportieren sollten. So z.B. bis weit in die Neuzeit Topi landsässiger Bevölkerung als liderlich gekleidet usw. dargestellt wurden.
Bei der auch nicht gerade von darstellerischen Realismus geprägten Malerei in dem Zeitrahmen wäre ich ohnehin extrem vorsichtig, so etwas wie Frisurdetails ablesen zu wollen. Das Ganze fällt unter "Quellkritik".
Rein realistisch betrachtet wird jemand, der jeden Tag auf dem Feld stand, seine Haare nicht gerade ellenlang getragen haben, und sicher auch mal zottelig ausgesehen haben. Sicher gab es auch notorische Zottel damals (wie heute). Aber in keiner mir bekannten Kultur - außer dem was Hollywood einen weißmachen will - laufen die Leute dauerhaft gammelig und ungepflegt herum. Mag keiner:
"ielleicht gab es vor tausend Jahren Personengruppen bei denen Haarpflege keine Bedeutung hatte."
Hast du irgendwo mal eine Kultur gesehen, bei der das so ist?
"Oder abhängige Personengruppen, denen man den Besitz eines Kammes nicht zugestand."
Was, nach dem Schema: "du darfst kein Stück Holz mit Schlitzen besitzen, man muss Hörige am Zotteligsein erkennen? ;) Ich bitte Dich :)

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Eintrag #7 vom 23. Mai. 2014 10:20 Uhr S. Katinka Richter  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um S. Katinka Richter eine Nachricht zu schreiben.

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Ich will wissenschaftlich fundierte Aussagen und Berichte zu Kämmen und ihrer Verbreitung zwischen 1000 und 1200 und keine Behauptungen á la "heute kämmen wir uns, also haben sie sich damals auch gekämmt". Den Kammfunden nach zu schließen, haben sich viele Leute gekämmt, meine Frage war aber: Haben sich alle Personengruppen gekämmt?
Ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit für die totale Verwahrlosung einer ganzen Bevölkerungsgruppe findet sich in dem Sozialbericht "Deutschland von unten" von Stenbook-Fermor und Farthmann, herausgegeben 1930. Nicht nur Armut, sondern auch die sozialen Randbedingungen führten zu Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit und damit zu völliger Verwahrlosung. Zum Teil hatten Kinder sich noch nie gewaschen oder gekämmt.
Daher meine Bitte an alle Tempus-Vivit Leser: Durchforstet euer Gedächtnis, ob ihr einen Bericht oder eine Ausstellung zum Thema Kämme kennt und stellt einen Literatur- oder Ausstellungshinweis ein.

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Eintrag #8 vom 26. Mai. 2014 08:26 Uhr Jens (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Jens eine Nachricht zu schreiben.

nach oben / Zur Übersicht Wissenschaftlich fundiert

Hallo Katinka,
Dann brauchst Du aber eher Untersuchungen zu Hygene im Mittelalter, denn Kammfunde. Schließlich kann man deren Besitzer nicht mehr ermitteln. Da wären Textquellen von größerer Relevanz, zumal man dann die Frage hinsichtlich einer Aufschlüsselung nach Sozialstruktur ausdehnen müsste. Und selbst dann wird man die Frage "Haben sich alle Personengruppen gekämmt?" unmöglich beantworten können.
Es gibt jedenfalls keinen mir bekannten wirtschaftlichen oder religiösen oder sonstwie gearteten Grund, warum jemand es nicht getan haben sollte. Wenn dem so war, dann eben aus persönlichen Gründen, weil er keine Haare mehr hatte ;) oder so depri war, dass ihm das auch wurscht war ;) Das würde dem Extrembeispiel von dir entsprechen (das irgendwie zu erwarten war, irgendwer muss immer zwanghaft beweisen, dass es doch irgendwo einen Fall gab/gibt)- was aber auch 1930 nicht gerade typisch war.

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Eintrag #9 vom 27. Mai. 2014 12:25 Uhr Frank (Nachname für Gäste nicht sichtbar)   Nachricht Bitte einloggen, um Frank eine Nachricht zu schreiben.

nach oben / Zur Übersicht Ein wissenschaftliches Dokument

fand ich direkt nicht, aber eine der ersten promovierten Wissenschaftlerinnen: Trotula di Ruggiero. Ihr genauer Name ist ebenso wie vieles in ihrem Leben Thema eifriger Spekulationenen und Diskussionen. Das wohl bedeutendste ihrer Werke ist ‘Passionibus Mulierum Curandorum’, welches zunächst in den medizinischen Fakultäten als Standardwerk galt und sehr schnell in die Volksheilkunde überging. In einem anderen ihrer Werke namens ‘De Ornatu Milierum’ beschreibt Trotula unter anderem recht detailliert, wie die Haare zu behandeln seien. Dazu gehört auch oft, dass die Haare gekämmt werden sollen. Sie beschreibt nicht, wie der Kamm aussehen soll oder aus welchem Material er zu bestehen hat, er wird einfach voraus gesetzt. Was man aber bei bestem Willen nicht aus den Anleitungen entnehmen kann ist, wer sich wie intensiv daran gehalten hat. Die Frage, ob sich alle Personengruppen gekämmt haben, lässt sich auch so nicht definitiv beantworten.
(Die digitale Inhaltswiedergabe durch den Google-Automaten unter wwwarchive.org/stream/[…]/operaquaeextant02mngoog_[…] ist nur sehr eingeschränkt zu empfehlen.)
Interessant könnte eine Besuch im Museum ‘HaarUndKamm’ (wwwhaarundkamm.ch) in Mümliswil (Schweiz) sein. In der dortigen Kammfabrik werden seit über 220 Jahren Kämme hergestellt. Der Gründer Urs Joseph Walter wähnte sich eines krisenfestens Lebensunterhalt sicher. Er war der Überzeugung, dass es Läuse immer geben werde und somit auch immer Arbeit für einen Kammmacher.
Er hatte wohl nicht ganz unrecht!

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