Infobox

Logo_amazon_80

Michel Reddé

Alesia - Vom nationalen Mythos zur Archäologie

€ 44,90 - Philipp von Zabern
3-8053-3531-8

zur Rezension

Rezension: Bettina Von Stockfleth  Profil   Nachricht Bitte einloggen, um Bettina Von Stockfleth eine Nachricht zu schreiben.

1990 erhielt der französische Archäologe Michel Reddé den Auftrag, die Ausgrabungsergebnisse von Alesia des Zeitraums 1861 bis 1865 neu zu beurteilen. Diese Aufgabe lieferte den Anstoß für dieses facettenreiche Buch.

Reddé würdigt nicht nur die für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Sorgfalt, mit der die Pioniere der Archäologie ihre Aufzeichnungen verfassten, sondern er gibt auch Einblicke in die Auseinandersetzungen "hinter den Kulissen". Dem Leser mag das Tauziehen um den Standort von Alesia amüsant, streckenweise lächerlich und manchmal langatmig erscheinen, doch zu Recht erinnert Siegmar von Schnurbein in seinem Vorwort an ein ähnliches Phänomen auf deutschem Boden: die Suche nach dem Schauplatz der Varusschlacht, die bis Ende der 80er Jahre im Teutoburger Wald vermutet wurde und uns das Hermannsdenkmal bescherte, dessen Darstellung ebenso wenig realistisch ist wie seine französischen Pendants, die Statuen des zum französischen Nationalhelden erkorenen Galliers Vercingetorix.

ßber die historischen und ideologischen Betrachtungen hinaus ist Reddés Werk vor allem für jene interessant, die sich für römische (Militär-)Geschichte interessieren. Im Rahmen der Nachgrabungen auf und um den Mont Auxois in den 1990er Jahren konnten insbesondere die cäsarischen Lager um das belagerte Oppidum weiter freigelegt und mit modernen Mitteln analysiert werden.

Vor dem Hintergrund der Aufzeichnungen Cäsars (De Bello Gallico) argumentiert Michel Reddé schlüssig zum einen, dass Cäsars Schilderungen im Großen und Ganzen der Realität der Ereignisse entsprechen, zum anderen beleuchtet er das militärstrategische Geschick des römischen Feldherren während der Belagerung. Illustriert mit 120 Farb- und 50 Schwarzweißabbildungen sowie zahlreiche Lageskizzen auf hochwertigem Paper, ist "Alesia" auch optisch ein Genuss.

Nur die Person des Avernerfürsten Vercingetorix, dessen Name untrennbar mit Alesia verknüpft ist, entzieht sich der wissenschaftlichen Analyse und nimmt so eher eine Nebenrolle ein. Doch vielleicht ist das nicht das Schlechteste, denn so ist er auch weiterhin als tragischer Held französischen Nationalisten und Keltenfreunden sicher.