Infobox

Logo_amazon_80

Martin Kuckenburg

Vom Steinzeitlager zur Keltenstadt - Siedlungen der Vorgeschichte in Deutschland

€ 36,00 - Theiss-Verlag, Stuttgart 2000
3-8062-1446-8

"Exemplarische Vorstellung von sieben Siedlungstypen"

Rezension: Simone Janson   Nachricht

Exemplarische Vorstellung von sieben Siedlungstypen

Ein blühendes Städtewesen, wie wir es aus dem Hochmittelalter kennen, entwickelte sich in Deutschland erst ab dem 9. Jahrhundert. Zuvor bestimmte eine weitgehend ländliche Siedlungsform germanischer Prägung das Bild in Deutschland, da die römische Stadtkultur in Mitteleuropa größtenteils während der Völkerwanderung zerstört worden war. Ein Beispiel für eine solche ländliche Lebensweise ist eine Siedlung, die von 1968 bis 1981 in Waltersdorf bei Berlin ausgegraben wurde. Sie vermittelt den Eindruck eines sehr bescheidenen, auf Selbstversorgung ausgerichteten ländlichen Weilers aus dem ersten bis fünften nachchristlichen Jahrhundert. Auf einer Fläche von 1,3 ha wurden hier insgesamt 50 ebenerdige Pfostenbauten und 52 Grubenhäuser freigelegt.

Bei den Pfostenbauten handelt es sich wohl überwiegend um kleinere Wohn- und Wirtschaftsgebäude von 6-12 m Länge und 3-5 m Breite. Einige andere dienten, nach den Befunden zu urteilen, als Stallungen.
Die Grubenhäuser, die besonders kennzeichnend für das germanische Siedlungswesen bis weit ins Frühmittelalter hinein sind, zeichnen sich in Waltersdorf allesamt als dunkle Verfärbungen auf dem hellen Untergrund ab. Sie waren in der Regel von einfacher Konstruktionsweise, 3 mal 4 m oder 4 mal 5 m gross. Auf ihrer Sohle fanden sich mehrfach Lehmfußböden und Feuerstellen, in ihrer Verfüllung fast immer Keramik- oder Tierknochenreste.
Ihre Verwendung ist dagegen umstritten. Möglicherweise wurden sie als Getreidespeicher benutzt. Da in Eintiefungen aber auch zahlreiche Spinnwirtel, Webgewichte und Fragmente von Eisenschlacken gefunden wurden, ein Befund, der für germanische Grubenhäuser allgemein recht häufig war, meinen einige Archäologen, es habe sich bei diesen Bauten um eingetiefte Werkhütten gehandelt.
Krüger, der Waltersdorf ausgegraben hat, vertrat hingegen die Theorie, die Grubenhäuser seien Wohnbauten für das Gesinde gewesen.

Waltersdorf ist nur eines der Beispiele, an denen die verschiedenen Siedlungstypen der Vor- und Frühgeschichte, vom Homo Erectus bis zur Völkerwanderungszeit, exemplarisch dargestellte werden. Der Titel "Vom Steinzeitlager bis zur Keltenstadt" ist dabei jedoch leicht irreführend, da sich der zeitliche Bogen noch bis in das frühe Mittelalter spannt. Die Idee, ein Buch zu schreiben, das auch beispielhaft die Wurzeln des mittelalterlichen Städtewesens aufzeigt, war sicher gut. Doch leider kann auf diese Weiser weder jede Epoche repräsentativ dargestellt noch eine einzelne Siedlung erschöpfend behandelt werden, insgesamt bleibt das Werk zu sehr an der Oberfläche. Eine Möglichkeit zu einem tieferen Einblick in die Thematik wird dem Leser durch das sehr ausführliche Literaturverzeichnis geboten. Positiv sind auch die übersichtliche Gliederung und die zahlreichen Karten und Abbildungen. Eine Besonderheit ist der umfangreiche Anhang mit Tips für den Besuch von wichtigen Museen in ganz Deutschland.